Erlass vom 12.09.1858

Am 12. September 1858 genehmigte dann endlich der König von Preußen die Errichtung einer Handelskammer für den Kreis Eupen. Die bestehende konsultative Kammer für Manufakturen, Fabriken, Künste und Gewerbe wird durch denselben Erlass aufgehoben. Letztere hatte also ein halbes Jahrhundert bestanden. Wie wir anhand der zahlreichen Eingaben sehen konnten, hatte die Konsultative Kammer in den 54 Jahren ihres Bestehens eine außergewöhnliche Tätigkeit entwickelt und dazu beigetragen, die wirtschaftliche Entwicklung der Region zu fördern und deren Interessen wahrzunehmen, besonders in der äußerst schwierigen Übergangs-zeit nach 1815, als unsere Gebiete zu Preußen kamen. Bemerkenswert sind ebenfalls die zahlreichen Eingaben über das Transportwesen (Aktienstraße Eupen-Aachen, Bau einer Straße nach Montjoie mit Anschluss an die Straße Coblenz-Trier, Eisenbahnbau Köln/Aachen nach Lüttich mit Anschluss Eupen, …), da die Stadt Eupen auf diesem Gebiete stets stiefmütterlich behandelt wurde, was wahrscheinlich einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Stadt und ihren Handel hatte.

Die Periode 1858-1897: Handelskammer für den Kreis Eupen

In der Sitzung vom 3. Januar 1859 wurde Julius The Losen durch geheime Wahl zum Präsidenten gewählt. In dieser Sitzung wurde der Kammer mitgeteilt, dass das Siegel der Handelskammer die Inschrift “Handelskammer zu Eupen” zu führen hat. Das erste Budget in Höhe von 119 Taler und 6 Silbergroschen wurde auf 69 Firmen im Verhältnis des Gewerbesteuerbetrages umgelegt. In der Sitzung vom 11. Januar 1859 wurde Schullehrer Johann Heinrich Götte zum Sekretär gewählt. Am 16. Februar 1859 stellte die Kammer unter Berücksichtigung verschiedener Abänderungen ein neues Regulativ der Geschäftsordnung auf, das am 23. Februar 1859 von der Königlichen Regierung genehmigt wurde. Nach Abschluss dieser Formalitäten konnte die neuerrichtete Kammer ihre Tätigkeit aufnehmen. Das Jahr 1860 war gekennzeichnet durch viele Gespräche und Verhandlungen mit der belgischen und Preußischen Regierung zwecks Anlage von Sammel-Bassins an der Weser und der Hill. 1861 wird endlich mit den Arbeiten einer Zweigbahn Eupen-Herbesthal begonnen, für welche die Kammer seit Jahren kämpfte. Die Eröffnung erfolgte am 1. März 1864. In den ersten 10 Monaten wurden 32.300 Personen befördert und an Gütern: 24.075 Tonnen im Eingang und 1.840 Tonnen im Versand.

Im Jahr 1865 bestanden im Bezirk der Handelskammer eine Vielzahl an unterschiedlichen Manufakturen und Fabriken, u.a. 17 Tuchfabriken, 7 Spinnereien, 6 Färbereien, 5 Maschinenfabriken, 5 Eisengießereien, 4 Gerbereien, 1 Handschuhfabrik, 4 Kalkbrennereien, 4 Ziegeleien, 8 Bierbrauereien, … Sonstige gewerbliche Tätigkeiten waren z.B. 72 Bäcker, 67 Metzger, 71 Gast- und Schankwirtschaften, 2 Photographen, 1 Auktionator, 1 Trödler, …

1865 befürwortet die Handelskammer die Errichtung einer Fabrikschule für Mädchen, nachdem sie schon in früheren Jahren die Errichtung einer Fabrikschule für Knaben befürwortet hatte. Diese Fabrikschule wurde später mangels Schüler aufgelöst. Auf der Pariser Ausstellung im Jahre 1867, an der sich auch hiesige Firmen beteiligten, wurde der Rheinprovinz von der internationalen Jury die Goldene Medaille nebst Diplom für die Tuchfabrikation verliehen.

1872 siedelt die Handelskammer von der Bergstraße zur Neustraße in das Haus Meurer über. Der seit längerer Zeit erkrankte Sekretär Götte wurde im Oktober 1875 vorläufig durch Johann Schopp ersetzt. 1879 wählte die Kammer einstimmig Wilhelm Schoenen als Sekretär, und 1880 legte Präsident The Losen sein Amt nieder, nachdem er 34 Jahre lang den Vorsitz geführt hatte. An seiner Stelle wird Gustav G. Fremery einstimmig gewählt. Der 1879 gewählte Sekretär Schoenen legt 1882 sein Amt nieder und wird durch Nikolaus Küttingen ersetzt. Zu dieser Zeit zählt die Kammer 122 Beitragspflichtige. Der Beitrag belief sich auf 8 % des Gewerbesteuerbetrages.

Die in den achtziger Jahren in Sachen Eisenbahn unternommenen Schritte finden 1887 ihren krönenden Abschluss mit der Eröffnung der neuen Linie Eupen-Raeren. Auch die Bestrebungen der “Société des Plateaux de Herve” für die Bahnlinie Battice-Dolhain-Eupen-Hook werden 1888 desgleichen durch nachdrückliche Eingaben an den Minister für öffentliche Arbeiten unterstützt. Die Bahn wurde jedoch belgischerseits nur von Dolhain kommend bis Bethane gebaut.

Am 27. Februar 1890 legte Präsident Fremery sein Amt nieder und Robert Wetzlar wurde zum Präsidenten gewählt. In den Jahren 1891-1895 werden wiederum Schritte unternommen für den Bau einer Bahn Dolhain-Eupen, die dann endlich in 1897 dank der unermüdlichen Bemühungen des neuen Präsidenten Wetzlar verwirklicht wurde.

Die 1885 durch die Aachener Handelskammer geförderten Bestrebungen, ihren Kammerbezirk auszudehnen und die Eupener Handelskammer auflösen zu lassen, stießen auf den entschiedenen Protest der hiesigen Kammer. Sie befürchtet u.a., dass die Interessen der kleineren Städte bzw. Ortschaften nicht mehr genügend berücksichtigt werden, und dass ferner die erhebliche Mehrbevölkerung der Stadt Aachen und die bedeutend größere Mitgliederzahl Aachen ständig die Majorität haben würden, was einen direkten Einfluss auf die Zukunft der kleineren Städte hätte, da manche Interessen dieser Ortschaften sehr verschieden und zum Teil vollständig entgegengesetzt sind (Eisenbahn, …). Die Bestrebungen der Aachener Handelskammer wurden jedoch 1893 endgültig geklärt. Der Königliche Regierungspräsident zu Aachen, Herr von Hartmann, beschloss am 17. Januar 1893 eine anderweitige Abgrenzung der Handelskammerbezirke im Regierungsbezirk Aachen und verfügte nicht nur die Beibehaltung der Eupener Handelskammer, sondern empfahl die Vergrößerung des Bezirks um die Kreise Malmedy und Montjoie.

Die Periode 1897-1915: Handelskammer für die Kreise Eupen-Malmedy-Montjoie

Am 13. Oktober 1897 fanden in den Städten Malmedy und Montjoie Versammlungen statt, durch die einstimmig der Anschluss dieser Kreise an den Eupener Handelskammerbezirk beschlossen wurde. Das Statut zur Regelung der Wahlen der Handelskammer für die Kreise Eupen-Malmedy-Montjoie wurde im selben Jahr aufgestellt und durch den Minister für Handel und Gewerbe in Berlin genehmigt. Die Zahl der Mitglieder des Kammerausschusses wurde auf 15 festgelegt, davon 7 für den Kreis Eupen, 5 für Malmedy und 3 für Montjoie.

Im Rahmen der ersten Sitzung der erweiterten Handelskammer am 13. April 1898 wurde Geheimrat Robert Wetzlar als Präsident wiedergewählt. Als Vorsitzende für die Bezirke Malmedy und Montjoie wurden G. Lang und B. Scheibler gewählt. Die Kammer tagte nunmehr für die Folge im Verwaltungsgebäude des Landrats zu Eupen.

Die zahlreichen Eingaben und Schriften, die in den neunziger Jahren und in den ersten 10 Jahren nach der Jahrhundertwende von der Kammer in Sachen Eisenbahnverbindungen gemacht wurden, geben Zeugnis von der äußerst rührigen Tätigkeit der Kammer in dieser für die Wirtschaft der Kreise Eupen-Malmedy-Montjoie lebenswichtigen Frage.

1906 wurde die Aktiengesellschaft Kammgarnwerke gegründet, deren Fabrikgebäude in den Jahren 1907 und 1908 gebaut wurden. Im Jahr 1909 wird die auf Leitungsdrahtfabrikation spezialisierte Firma “Kabel- und Gummiwerke Eupen GmbH” gegründet. Bereits 25 Jahre vor der allmählichen Elektrifizierung und Stromversorgung in Eupen wurden in diesem Unternehmen Kabel hergestellt. Anfang des 20. Jahrhundert entwickelt sich Eupen als Luftkurort und weist einen von Jahr zu Jahr ansteigenden Fremdenverkehr auf. Aus diesem Grunde werden auch Eingaben über die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe gemacht und weitgehende Vergünstigungen erbeten. 1912 starb der nimmermüde und schaffensfrohe Präsident der Kammer, Herr R. Wetzlar. Nachfolger wurde Herr Kommerzienrat Alfred Peters.

Durch den Tod des Präsidenten Wetzlar, der bisher den größten Teil der Kammergeschäfte selbst besorgte und hierfür erhebliche finanzielle Opfer brachte, wurde 1913 wiederum die Frage des freiwilligen Anschlusses an die Aachener Handelskammer in Erwägung gezogen. Trotz der großzügigen Vorschläge der Handelskammer Aachen erklärten sich die Mitglieder jedoch im Juli 1913 gegen die Preisgabe der bisherigen Selbständigkeit. Würde die Kammer einmal aufgehoben, so wäre an die nochmalige Errichtung einer derartigen Vertretung nicht mehr zu denken, zumal zu diesem Zeitpunkt der Anschluss des ganzen Kreises Schleiden in Aussicht stand.

Die Periode 1915-1919: Handelskammer für die Kreise Eupen-Malmedy-Montjoie und Schleiden

Es wurden nun sofort Verhandlungen mit dem Kreis Schleiden aufgenommen und der zuständige Handelsminister in Berlin gab 1915 sein Einverständnis. Die Handelskammer nannte sich nunmehr Handelskammer für die Kreise Eupen-Malmedy-Montjoie und Schleiden. Auf Grund dieses Anschlusses wurde am 15. Mai 1914 ein neues Statut zur Regelung der Wahlen der Handelskammer aufgestellt. Die Zahl der Mitglieder wurde hierdurch von 15 auf 20 erhöht, davon 7 für den Kreis Eupen, 5 für Malmedy, 3 für Montjoie und 5 für Schleiden. Das neue Statut wurde am 15. März 1915 durch den Minister für Handel und Gewerbe in Berlin genehmigt. Die Handelskammer zählt nunmehr 186 Beitragspflichtige.

Gelegentlich einer Sitzung der Kammer im Januar 1914 wies man schon auf die missliche Lage hin, in die unsere Textilindustrie im Falle eines Krieges geraten würde; es solle daher angeregt werden, Uniformen auch aus Kammgarn herzustellen. Bei Ausbruch der Feindseligkeiten wurden die Unternehmen unseres dicht an der Grenze gelegenen Bezirks besonders in Mitleidenschaft gezogen. Eine Zeitlang stockte Handel und Wandel und ständig war die Kammer in dieser Zeit bemüht, die Interessen der durch die Kriegsverhältnisse Betroffenen wahrzunehmen und durch Interventionen bei Zivil- und Militärbehörden Erleichterungen der kriegsbedingten Maßnahmen für Handel, Industrie und Verkehr zu erwirken. Insbesondere die Textil-industrie klagte in dieser Zeit über unzureichende Aufträge. Dagegen waren die Munitionsfabriken, die Holzbearbeitungsbetriebe sowie die Kabel- und Gummiwerke voll beschäftigt.

Am 20. Januar 1916 fand die erste Sitzung mit den neu beigetretenen Mitgliedern aus dem Kreis Schleiden statt. Durch die Ausdehnung des Kammerbereichs, besonders aber durch die Kriegswirtschaft, erweiterte sich der Aufgabenbereich der Kammer erheblich, so dass der bisherige Sekretär Küttingen, der dieses Amt nebenberuflich ausübte, 1917 als Beamter angestellt wurde. In der Folge hielt die Kammer nicht mehr ihre bis dahin regelmäßigen Sitzungen ab, da die Vertreter der Kreise Malmedy, Montjoie und Schleiden unter den damaligen Umständen nur schwerlich an den Sitzungen teilnehmen konnten.

Weiter mit Teil 3: 1919 bis 1944

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